Wunderschöne Bachaue - miese wasserqualität
Gewässerschau am Erlenbach
Alle zwei Jahre lädt das Umweltamt Fachleute und auch die zuständigen Ortsbeiräte und Vereine zur Gewässerschau ein. An der naturbelassenen Erlenbachaue kommen sie ins Schwärmen - doch nach wie vor ist die Wasserqualität schlecht.
"Von der Stadtgrenze stromaufwärts bis zur Stadtgrenze nach Ober-Erlenbach": So ist im Anschreiben das Teilstück der "Gewässerschau" am Erlenbach beschrieben, zu der das Umweltamt im Dezember einlud. Alle zwei Jahre steht das an, das Augenmerk liegt dabei vor allem auf Hochwasserschutz und "ökologischer Funktionsfähigkeit" der Gewässer. § 96 des Hessischen Wassergesetzes schreibt das vor, und spätestens seit der schrecklichen Überflutung im Ahrtal schauen wir auch hier anders auf Hochwassergefahren.
Start der Begehung war in Massenheim auf dem Sportplatz. Dort trafen sich Vertreter des Umweltamtes, der unteren Naturschutzbehörde, der Stadtentwässerung (SEF) und des Ortsbeirates, um den Erlenbach in der Frankfurter Gemarkung in Augenschein zu nehmen.
Gleich zu Beginn war zu sehen, dass der Biber kurz hinter Massenheim ganze Arbeit geleistet hat: Acht Bäume weisen deutliche Spuren seiner rastlosen Tätigkeit auf. Ein quer über dem Bach liegender Stamm muss wohl entfernt werden, damit sich bei Hochwasser dort nicht Treibgut verfängt und ein Stau entsteht. Dazu braucht es aber, da der Biber geschützt ist, eine Genehmigung.
Ein Wehr markiert die Grenze zwischen Massenheim und Nieder-Erlenbach. Veranlasst durch das Meerforellenprojekt der IG Nidda werden seit 2011 auch in Frankfurt im Frühjahr die Wehre abgesenkt. Das ermöglicht den Fischen, zum Laichen wieder stromaufwärts an ihren Geburtsort zu wanden.
Am Eingang von Erlenbach stoßen wir auf die Wasserentnahmestelle eines Landwirts. Auch das ist genehmigungspflichtig, und hier hat alles seine Ordnung. Wenn der Erlenbach im Sommer zu wenig Wasser führt, kann es auch sein, dass den Landwirten das Entnehmen von Wasser untersagt wird.
Alle Bachanlieger dürfen übrigens das Bachwasser nutzen - ohne Genehmigung allerdings nur mit Handpumpen. Da hat die Menge des entnommenen Wassers automatisch ihre Grenzen.
Das letzte Stück vor dem Lersnerschen Schloss ist der Bach völlig zugewuchert mit Brombeeren. Das hat deutlich zugenommen, meint Herr Andres vom Umweltamt. Die Brombeeren freuen sich über die heißen Sommer der letzten Jahre und auch den hohen Stickstoffeintrag im Boden. Der Fachmann weist auf einen völlig mit grünen Flechten überzogenen Ast. Auch das sei eine Folge der zunehmenden Erwärmung.
An der Brücke über den Erlenbach kommt das Thema Hochwasser und Starkregen auf. Hier an dieser Engstelle verzeichnet die neue Starkregengefahrenkarte tieflila Flächen. Bei Starkregen sammelt sich Oberflächenwasser in kurzer Zeit an tiefen Punkten und kann Kanalisation sowie Gewässer extrem überlasten. Deshalb fragt Henner Deutsch vom Ortsbeirat hier ausführlich nach.
Oberhalb der Brücke "Alt-Erlenbach" münden mehrere Regenwasserkanäle in den Bach, so dass hier Wassermassen anfallen können, die den Brückenquerschnitt überlasten und dadurch zurückstauen. Es besteht daher die Gefahr einer kurzzeitigen Überflutung angrenzender Grundstücke und Wohnbebauungen. Anders verhält es sich bei einem Hochwasser, wo Retentionsräume (Auen) durch die ankommenden Wassermengen gezielt überflutet werden und damit diese möglichst wenig Schaden anrichten können. Je mehr solcher Flächen im Oberlauf genutzt werden können, desto größer ist der Effekt.
Ab der Obermühle wird der Erlenbach romantisch. Da kommen auch die Fachleute ins Schwärmen: "Der Erlenbach ist einer der naturnahesten Bäche in der Region". An der Bachaue gibt es nichts zu Meckern. Der Biber ist auch hier angekommen, aber bislang hat er sich erst zwei Bäume vorgeknöpft.
Alles in allem ist das Ergebnis der Begehung erfreulich. Auch illegale Müllablagerung hat die Gruppe nicht gefunden.
Eines aber trübt wie all die Jahre die Freude der Fachleute über unseren schönen Bach: Die Wasserqualität ist eher mau. Neben den Pflanzenschutzmitteln aus der Landwirtschaft ist die Einleitung der Abwässer der Kläranlage Ober-Erlenbach ein echtes Problem. Im Sommer bei Niedrigwasser fließt im Bach bis zu 75 Prozent Kläranlagenabwasser. Die Anlage müsste dringend mit einer vierten Reinigungsstufe zur Verringerung von Keimbelastung und Spurenstoffen (z.B. Arzneimittelrückständen) ausgerüstet werden. Aber dies ist teuer und wird wohl leider noch einige Zeit dauern.
(Annegret Rach)